Leserbrief ans Weißenburger Tagblatt

Mir ist kürzlich ein Bescheid des Landratsamtes in die Hände geraten, der eine Mahnwache auf dem Marktplatz in Weißenburg unterbinden möchte. Die darin genannten Gründe offenbaren in meinen Augen eine bemerkenswert undemokratische Haltung des Landratsamtes, die mich mittelmäßig schockiert hat.

Man scheint doch tatsächlich der Meinung zu sein, dass der Marktplatz für 100 Leute neuerdings zu eng wäre, obwohl auf dem gleichen Marktplatz noch vor Kurzem eine Demonstration gegen den geplanten Center Parcs mit mehr als 200 Leuten problemlos Platz fand. Ist jetzt neuerdings der Marktplatz auf die Hälfte geschrumpft, oder ist dem Landratsamt eine Mahnwache für „Frieden, Freiheit und Gesundheit“ ein so großer Dorn im Auge, dass man nun meint, maßregelnd eingreifen zu müssen?

Zunächst ist festzustellen, dass unser Versammlungsrecht absichtlich davon spricht, dass Demonstrationen lediglich angezeigt werden. Sie müssen explizit nicht per se „genehmigt“ werden. Denn es ist ein Schutzrecht der Bürger gegenüber dem Staat, dass die Bürger grundsätzlich erst einmal demonstrieren können wofür auch immer sie wollen, und sich auch den Ort dafür selbst aussuchen. Ob man nun für mehr Blumen auf dem Mond oder für rosa Elefanten in der Wüste demonstriert, hat den Staat und das Landratsamt nicht zu interessieren. Und es darf selbstverständlich auch nicht basierend darauf die eine Demonstration auf das Kirchweihgelände verbannen und die andere nicht.

Des weiteren begründet das Landratsamt die Ablehnung damit, dass eine vorherige Veranstaltung „überraschend negativ von der Bevölkerung begleitet“ worden sei. Unabhängig davon, dass davon laut Augenzeugen keine Rede sein kann: Es ist für eine Demonstration völlig irrelevant, was andere Teile der Bevölkerung vom Inhalt der Demonstration halten, wenn diese beispielsweise die Blumen lieber auf dem Mars pflanzen würden. Demonstrationsrecht ist auch immer das Recht von Minderheiten, um gegen die Meinung der Mehrheit den Mund aufzumachen. Ganz zurecht fordert unsere Presse regelmäßig, dass Minderheiten wie z.B. Homosexuelle im autoritären Ausland offen für ihre Rechte demonstrieren dürfen. Wie kann man solche Rechte im Ausland fordern, und im eigenen Land Demonstrationen, die nicht einer angenommenen Mehrheitsmeinung entsprechen, aus den Augen der Öffentlichkeit verbannen wollen?

Insgesamt begibt sich das Landratsamt mit diesem Bescheid auf gefährlich dünnes Eis. Politisch motivierte Behördenwillkür ist ein klassisches Merkmal selbstherrlicher, autoritärer Systeme. In unserem Land hat das ganz sicher nichts verloren!