Gedanken eines Bürgers: Offener Brief an Roy K.

Sehr geehrter Herr K.,

Sie beklagen sich, dass derzeit in den sozialen Medien eine Hetzkampagne gegen „den Staat und seine Polizeibeamten“ läuft, und dass Sie das als Vollblut-Polizisten sehr betroffen macht.

Zunächst halte ich Ihren Frust für sehr verständlich. Ich vermute, Sie üben Ihren Beruf gemäß dem Leitbild aus „Die Polizei, dein Freund und Helfer“, so wie man sich das als Bürger auch wünschen würde. Und es kann Sie nicht kalt lassen, wenn die Polizei derzeit oft nicht so wahrgenommen wird.

Auch als Bürger bin ich mit diesem Idealbild der Polizei aufgewachsen, und es lässt mich nicht kalt, wenn ich den Eindruck bekomme, dass die Polizei diesem Ideal – zumindest stellenweise – nicht mehr nachkommt.

Ich beziehe mich dabei nicht auf den polizeilichen Alltag, den Sie in weiten Teilen Ihres Briefes thematisieren, Verkehrsdelikte etc. Es geht speziell um das Durchsetzen von allerlei im Rahmen von Corona eingeführten Erlässen.

Viele Bürger, einschließlich mir, kritisieren diese Erlässe als grundgesetzwidrig. In dieser Meinung werden wir mittlerweile auch durch eine Vielzahl von Gerichtsurteilen bestätigt, die viele der beschlossenen Maßnahmen verspätet wieder einkassiert haben. Es sind also nicht nur „mit der Situation unzufriedene“, wie Sie schreiben, die unsere Auffassung vertreten, sondern auch Richter und andere Juristen.

Ihnen als Polizisten kommt also die undankbare Aufgabe zu, den Bürgern Maßnahmen aufzuzwingen, die sowohl rechtlich auf sehr wackeligen Beinen stehen, als auch medizinisch häufig bestenfalls sehr fragwürdigen Nutzen haben. Maßnahmen, die bei näherem Hinsehen oft jeglicher Logik widersprechen. Um kurz Beispiele zu nennen:

  • Passanten und Demonstranten untereinander zu großem Abstand ermahnen, ggf. gewaltsam erzwingen wollen, gleichzeitig aber Schulter an Schulter in der Hundertschaft gegen diese Demonstranten vorrücken.
  • Parkbesuche verbieten zu wollen.
  • Bußgelder bei mangelndem Mundschutz.
  • Pärchen beim Eisessen auf der Parkbank zu 400 Euro Strafe verdonnern.
  • Und am schmerzlichsten: Friedliche Demonstrationen brutal räumen und unbescholtene Bürger wie Verbrecher abgefertigen, nur weil diese wohl zu lang über ihre Rechte diskutierten.

Es sind genau diese Momente, wenn die Polizei nicht mehr Freund und Helfer der Bürger ist, sondern zu bereitwilligen Erfüllungsgehilfen einer zunehmend autokratisch agierenden Regierung verkommt. Da hilft es auch nicht, wenn sich nur einzelne Beamte ein solches Fehlverhalten leisten, und der Rest der Hundertschaft teilnahmslos daneben steht, ohne einzuschreiten und die Kollegen zur Mäßigung zu mahnen. Auch für Polizisten ist hier Zivilcourage angesagt!

Das Grundgesetz wurde nicht dafür geschrieben, dass man es jährlich bei jeder besseren Grippewelle willkürlich außer Kraft setzen kann. Die Leute, die derzeit bei Demonstrationen von der Polizei drangsaliert werden, demonstrieren auch für Ihre Grundrechte, auf deren Umsetzung sie Ihren Diensteid geschworen haben. Setzen auch Sie sich gegen die stille Aushöhlung des Grundgesetzes ein, dann stehen wir auf der gleichen Seite!

Andernfalls brauchen Sie sich auch über Kritik, die Sie wohl etwas zu pauschal als „Hetzkampagne“ missverstanden haben, nicht wundern.