Stefan Lanka – Wissenschaftler oder Scharlatan?

Stefan Lanka

Innerhalb der Widerstands­­­bewegung gegen die Corona-Maßnahmen taucht auch immer wieder der Name Stefan Lanka und seine Meinung zu Viren auf. Diese widerspricht der gängigen wissenschaftlichen Lehrmeinung, die Viren als Ursache einer Vielzahl von Krankheiten betrachtet. Viren sind für ihn nicht krankmachend, sondern missverstandene Teile von menschlichen Zellen. Bekannt wurde er mit dieser These dabei insbesondere durch Samuel Eckert, der Inhalte von Lanka prominent verbreitete. Darüber hinaus scheinen mittlerweile auch einige andere Blogger aus dem alternativen Medienspektrum auf diesen Zug aufzuspringen. Daher die Frage, was ist dran an der These von Lanka?

Eine wissenschaftliche Theorie ist eine umfassende Erklärung für beobachtbare Umstände. Eine gute Theorie erklärt dabei nicht nur vergangene Ereignisse und Umstände, sondern macht auch möglichst exakte Vorhersagen für weitere Experimente. Wenn die Ergebnisse des Experiments dem der Vorhersage widersprechen, ist die Theorie anzupassen oder gegebenenfalls auch komplett zu verwerfen. Nur Theorien, die allen denkbaren experimentellen Überprüfungen stand halten, werden behalten. Es gibt es daher weit mehr Theorien die verworfen wurden, als solche, die heute noch Bestand haben.

Die bisherige Lehrmeinung zu Viren entwickelte sich aus der Beobachtung, dass es übertragbare Krankheiten gibt, deren Erreger man mit den damals noch recht beschränkten Mikroskopen nicht sichtbar machen konnte. Für die deutlich größeren Bakterien war dies bereits gelungen, und diese werden von Lanka auch nicht bestritten. Jedoch behauptet er mit Verweis auf die „Neuen Medizin“ von Ryke Hamer, dass nicht-bakteriell verursachte, übertragbare Krankheiten durch „existentiell-konfliktive Ereignisse“ entweder psychischer Natur oder aufgrund von Vergiftungen entstünden, nicht jedoch durch Viren.

Für den geneigten Leser seiner Texte stellt sich nun die Frage, wie sich solche Psychosen oder Vergiftungen denn von einem Wirt zum anderen übertragen sollen? Diese Frage ist essenziell, denn wenn seine Theorie darauf keine befriedigende Antwort liefert, kann sie die Beobachtung der Übertragbarkeit nicht erklären und ist damit umgehend zu verwerfen.

Und leider bleibt er in seinen ausschweifenden Ausführungen genau beim Thema Übertragbarkeit ganz besonders wortkarg. Das einzige was man dazu lesen kann ist dieser Satz: „Eine Ursache für starke und sich wiederholende Symptome und Schmerzen sind Vorgänge im Gehirn während der Wiederausgleichsphase nach lang anhaltenden Sonderprogrammen.“ Will uns Lanka also wirklich erzählen, dass jemand, der von einem tollwütigen Hund gebissen wird, ein solches „psychisches Trauma“ erleidet, dass er wenige Tage später selbst qualvoll daran stirbt? Und wenn diese Krankheiten psychisch übertragbar wären, müsste nicht auch Pflegepersonal ständig an den gleichen Krankheiten wie die Patienten leiden?

Wie er ganz richtig schreibt, ist es die „Pflicht eines jeden Wissenschaftlers, ständig und an allem zu zweifeln“. Das gilt für etablierte Lehrmeinungen, aber selbstverständlich auch für Hypothesen, die man selbst aufstellt. Gerade Hypothesen, die etablierte Lehrmeinungen in Frage stellen, müssten ein solides argumentatives Gerüst mitbringen und besonders gründlich mit Zahlen und Daten unterfüttert werden. Aber diese nötige Sorgfalt unterbleibt völlig. Es wird noch nicht einmal der Versuch unternommen, diesen offensichtlichen Mangel seiner Hypothese theoretisch auszudiskutieren, er wird bis auf den genannten Satz einfach ausgeklammert. Mit dem eigenen Anspruch an Wissenschaftlichkeit hat diese Argumentation auf jeden Fall nichts zu tun!

Das Masernurteil

In Ermangelung fundierter eigener wissenschaftlicher Argumente führt Lanka daher sehr oft das von ihm erstrittene „Masernurteil“ an. Er feiert seinen gerichtlichen Sieg als Beweis für die Richtigkeit seiner Thesen.

Bei genauerer Betrachtung bleibt davon jedoch nicht viel übrig. Lanka hatte eine Wette formuliert und 100.000 Euro dafür ausgelobt, wenn ihm jemand unter Einhaltung allerlei verklausulierter Zusatzbedingungen, den Beweis für die Existenz von Masern erbringen könne. Der Beweis wurde dabei zwar nach Aussage des Gerichtsgutachters vollumfänglich erbracht, jedoch ohne die Zusatzbedingungen einzuhalten. Beispielsweise wurde von Lanka gefordert, dass keine der vorgelegten wissenschaftlichen Veröffentlichungen älter als aus dem Jahre 2000 sein durften, und alle ausschließlich vom RKI zu stammen hätten.

Die Zusatzbedingungen scheinen allesamt willkürlich. Masern sind beispielsweise bereits seit den 70er Jahren intensiv erforscht, und die meisten grundlegenden Arbeiten dazu stammen aus dieser Zeit. Wieso die Beschränkung des Datums der Arbeit? Wieso nur Arbeiten des RKI? Forschung wird interational betrieben. Der Ausgang des Urteils hat daher keine Aussagekraft über den Nachweis von Masernviren, sondern vielmehr über die geschickte Verklausulierung der Wette.

Masernvirus (Paramyxoviren). Transmissions-Elektronenmikroskopie, Ultradünnschnitt
Hans R. Gelderblom, Freya Kaulbars (1996)

Lanka vs. Kutschera

Ulrich Kutschera stellt in einem Streitgespräch viele von Lankas falschen Behauptungen richtig. Rhetorisch geht Lanka darüber jedoch jedes Mal glatt hinweg. Was auch immer Lanka angeblich im Rahmen seiner Arbeiten mit Algen entdeckt haben mag, es mag vielleicht sogar etwas revolutionär Neues sein, aber dieser Befund ist schon rein logisch nicht dafür geeignet, darauf ein Argument gegen die Existenz von Viren aufzubauen. Denn selbst wenn das von ihm identifizierte Partikel bei Algen kein Virus ist, was sagt das über die Existenz von Viren außerhalb der von ihm untersuchten Petrischale aus? Richtig, nichts. Selbst im Laufe von über einer Stunde Video schafft er es nicht zu erklären, wie seine Hypothese denn den Fakt von Infektionen durch nicht-bakterielle Erreger, beispielsweise der im Video präsentierten Tabak-Mosaik-Viren abdeckt.

Fazit

Lanka vermischt in unzulässiger Weise persönliche Meinung ohne jeglichen Beleg mit teilweise durchaus korrekten wissenschaftlichen Aussagen. Für den in der Lektüre wissenschaftlicher Texte unerfahrenen Leser mag es immer wieder schwierig sein, beides richtig einzusortieren, und die unwissenschaftliche Rhetorik innerhalb all seiner Ausschmückungen als solche zu erkennen.

Die durchaus berechtigte Kritik an der übertriebenen Gefährlichkeit einiger Viren, wie sie beispielsweise von Claus Köhnlein vorgebracht wird, sei davon unbenommen. Jedoch sollte man sich bei dieser Kritik besser nicht auf Lanka und seine „Neue Medizin“ berufen.